Novak Djokovic beendet Struffs Überraschungslauf bei den US Open 2025 5 September 2025
Benedikt Immelmann 0 Kommentare

Djokovic zieht weiter – Struffs New-York-Märchen endet in Runde vier

Novak Djokovic hat Jan-Lennard Struffs Aufschwung bei den US Open 2025 beendet. Der Serbe setzte sich im vierten Duell auf Grand-Slam-Bühne und insgesamt achten Vergleich erneut durch – die Bilanz bleibt aus deutscher Sicht bitter: 0:8. Struff, 35, hatte mit einem glatten Sieg über den US-Open-Halbfinalisten von 2024, Frances Tiafoe, für Aufsehen gesorgt. Gegen den 24-fachen Major-Sieger reichte es diesmal nicht.

Was auffiel: Djokovic, der im Drittrundenmatch gegen Cameron Norrie wegen Rückenproblemen eine medizinische Auszeit genommen hatte, bewegte sich deutlich freier. Keine vorsichtigen Antritte, kein Zögern in den Drehungen – die Zeichen standen auf Entwarnung. Für einen Spieler, der mit 38 Jahren den Kalender mehr denn je nach dem Körper ausrichtet, ist das die wichtigste Nachricht des Tages.

Struff brachte sein typisches Paket mit: wuchtiger erster Aufschlag, frühes Vorhand-Feuer, Mut am Netz. Genau das hatte Tiafoe im vorherigen Match aus dem Rhythmus gebracht. Djokovic beantwortete das mit dem, was ihn seit einer Ära auszeichnet: Lesefähigkeit beim Return, saubere Tiefe von der Grundlinie, Ruhe in den Big Points. Vor allem Struffs zweite Aufschläge wurden konsequent attackiert. Wenn der Deutsche sich den Punkt am Netz erarbeiten wollte, lag der Passierball oft schon auf dem Schläger des Serben.

Viel entschied sich in Momenten, in denen für Struff ein kleiner Türspalt aufging – ein 30:30 bei Aufschlag Djokovic, ein kurzer Ball in der Rallye. Genau dort setzte der Serbe den Stachel. Kein Spektakel, kein Drama, sondern kühle Effizienz. Es ist der gleiche Spielfilm, den Struff in früheren Duellen erlebt hat: Er muss über seinem Limit spielen, um Djokovic überhaupt ins Grübeln zu bringen. Dieser musste nur selten Plan B auspacken, weil Plan A genügte.

  • Bilanz: 8. Duell, 8. Sieg für Djokovic
  • Setzliste: Djokovic als Nummer sieben unterwegs, Struff ungesetzt
  • Struffs US-Open-Highlight: Sieg in drei Sätzen gegen 2024-Halbfinalist Frances Tiafoe
  • Ziel: Djokovic jagt Titel Nummer fünf in New York – und Major Nummer 25

Für Struff bleibt dieser Trip nach New York trotzdem ein Erfolg. Die vierte Runde bei einem Slam ist für ihn kein Alltagsgeschäft. Er sammelte wertvolle Punkte und bestätigte, dass sein Spiel – schwerer Aufschlag, klare Linien, kein Verstecken – auch mit 35 noch auf der größten Bühne trägt. Wer in dieser Form Tiafoe glatt ausschaltet, muss sich vor der Hallensaison im Herbst nicht ducken.

Der Weg dahin ist lang gewesen. Struff hat seinen höchsten Ranglistenplatz, die 21, nicht aus dem Nichts erreicht. Er war 2023 Finalist beim Masters in Madrid, damals als Lucky Loser – ein seltener Karriere-Moment, der sein Selbstverständnis verändert hat. Seither wirkt er stabiler in den eigenen Entscheidungen. In New York zeigte er genau das: Er trifft die Bälle nicht vorsichtig, sondern entschlossen. Gegen Djokovic reicht diese Entschlossenheit alleine aber nicht; es braucht dazu eine Fehlerquote nahe Null und ein paar freie Punkte an genau den richtigen Stellen.

Djokovic’ Perspektive sieht anders aus. Er ist die Nummer sieben der Setzliste, spielt aber wie jemand, der die Geschichte des Turniers längst mitgestaltet hat. Viermal hat er in Flushing Meadows triumphiert – 2011, 2015, 2018, 2023. Der fünfte Pokal wäre mehr als ein Sammlerstück. Es wäre die Bestätigung, dass sein Spiel noch immer alle Generationen zusammenbindet: die jungen Draufgänger, die Mittzwanziger im Peak, die Routiniers, die nichts mehr beweisen müssen. Sein Standard ist weiterhin: kleinste Schwächen beim Gegner erkennen und mit klinischer Schärfe ausnutzen.

Was das Ergebnis bedeutet – für Struff, für Djokovic, fürs Turnier

Was das Ergebnis bedeutet – für Struff, für Djokovic, fürs Turnier

Taktisch ist das Match ein Lehrstück. Struff bekommt über den ersten Aufschlag Ordnung in seine Spiele. Kommt er über den zweiten, kippt die Statik. Djokovic nimmt den Ball früh, variiert die Return-Position und zieht die Rallye sofort dorthin, wo er sie haben will: in die Rückhand-Ecke, aus der er mit der Crosslinie Raum öffnet. Der Slice, sparsam eingesetzt, dient ihm als Bremse, um Struffs Angriffswellen zu entschärfen. Sobald die Rallye neutral ist, verschiebt die Präzision des Serben die Balance zu seinen Gunsten.

Mentales spielt mit. Struff weiß, dass die Bilanz gegen diesen Gegner erdrückend ist. Das macht jeden verpassten Breakball schwerer, jede knappe Challenge größer, jeden Netzroller lauter im Kopf. Djokovic hingegen war in dieser Saison schon durch genug enge Momente gegangen, um die Lautstärke auszublenden. Seinen Rhythmus fand er, als er die Ballwechsel länger machte – keine Übertreibung, nur Konstanz. Das genügte.

Der Blick nach vorne: Djokovic steht in der zweiten Woche und hat, Stand jetzt, die körperlichen Warnsignale gut gemanagt. Ein freier Tag ist Gold wert, um die Rückenpartie zu beruhigen und die Trainingslast vorsichtig zu dosieren. Gegner und Setzlistenlogik hin oder her – im Viertelfinale wartet so oder so ein Spieler, der ihn laufen lassen will. Das ist der Test, den er in New York immer wieder besteht: aus Verteidigung Angriff machen, ohne die Balance zu verlieren.

Struff nimmt anderes mit: Er hat bewiesen, dass sein Stil auf Hartplatz noch trägt, selbst gegen Spieler mit Weltklasse-Return. Für die nächsten Wochen – Asien, dann die europäischen Hallen – ist das eine ordentliche Basis. Er wird nicht plötzlich zum Defensivkünstler. Muss er auch nicht. Wenn der erste Aufschlag sitzt und die Vorhand die Linie findet, kann er jeden Draw öffnen. Die US Open haben das gezeigt.

Für das Turnier selbst ist der Sieg ein Anker. Djokovic verleiht dem Tableau Gewicht, gerade weil er nicht als Topgesetzter aufläuft. Er zwingt die jungen Namen, in den großen Momenten echte Lösungen zu finden, nicht nur Tempo. Und er erinnert daran, dass Grand Slams selten über eine brillante Stunde entschieden werden, sondern über das bessere Management der kritischen fünf Minuten in jedem Satz.

Am Ende steht eine nüchterne Erkenntnis: Struff hat seine Chance genutzt, bis er auf den wahrscheinlich besten Returnspieler der Geschichte traf. Djokovic hat seinen Kurs gehalten, ohne Glanzstück, aber mit der Qualität, die Karrieren verlängert. Die zweite Woche ist offen – und sie hat jetzt einen klaren Taktgeber.